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Mit Neugier und Wissensdurst den Horizont erweitern

© Wöhrle

Olivia Wöhrle hat als Logopädin und Studentin des Masterstudiengangs Klinische Expertise in Gesundheit und Pflege ein vierwöchiges Praktikum in Graz/Österreich in einem Klinikum absolviert. Ihr Studienschwerpunkt ist die Klinische Expertise. Im Interview berichtet sie von ihren Erfahrungen im Nachbarland.

Was hat Sie motiviert nach Österreich zu gehen?
Das hat sich eher ungeplant ergeben. Ich war auf der Suche nach einer Klinik, in der Logopädinnen und Logopäden auf der Neonatologie arbeiten. Und diese Recherche hat mich dann nach Graz geführt.

Können Sie uns bitte kurz Ihre Aufgabenschwerpunkte während des Praktikums beschreiben? Welche neuen Lernerfahrungen haben Sie dort gemacht?
Bis auf vereinzelte eigene Therapien habe ich ausschließlich hospitiert. Das war auch genau passend für mich. Zusätzlich durfte ich auch bei Einheiten der Ergo- und Physiotherapie dabei sein. Außerdem gab es viel Gelegenheit für intensiven fachlichen Austausch. Das habe ich sehr geschätzt. Wir haben zusammen die Krankenakten und interdisziplinären Dekurse besprochen, uns über Methoden und Material unterhalten und ich durfte Weiterführendes aus Medizin und Therapie lernen. Völlig neu war das Neugeborenenhörscreening, das in Österreich von den Logopädinnen und Logopäden durchgeführt wird. Es hat mich fasziniert, ich wollte die Technik verstehen lernen und habe viele der Hörprüfungen selbst durchgeführt.

Konnten Sie die Aufgaben, die seitens der Hochschule an das Praktikum gekoppelt waren, umsetzen?

Ja, im Großen und Ganzen ist das gut gelungen. Als Praktikumsbericht war ein Exposé für ein empirisches Forschungsprojekt gefordert. Die inhaltliche Idee dafür ergab sich durch eine funktionelle Befunderhebung bei einem Säugling, dessen Mutter Schwierigkeiten beim Stillen hatte. Durchgeführt habe ich das Projekt nicht, also auch keine Daten erhoben. Mir war es wichtig, das Praktikum für meine persönliche Weiterentwicklung zu nutzen. Da war die Hausarbeit eher zweitrangig.

Was hat Ihnen besonders gut an dem Praktikum gefallen? Was war besonders schön?
Die Vielfalt der stationären logopädischen Arbeit in der Pädiatrie hat mich beeindruckt. Und ich war sehr angetan von der Hingabe der Therapeutinnen. Es war ein sehr abwechslungsreiches Praktikum mit spannenden Einblicken. Dazu hat sicherlich die Interdisziplinarität beigetragen, die ich aufs Neue schätzen gelernt habe. Außerdem wurde ich immer als Kollegin vorgestellt und genauso auch behandelt. Das war sehr wertschätzend und hat gut getan.

Gab es auch Schwierigkeiten während des Praktikums, die Sie zu bewältigen hatten?
Klinikalltag ist oft sehr unberechenbar und geplante Abläufe werden teilweise kurzfristig verworfen. Man muss also flexibel bleiben und darf sich nicht entmutigen lassen. Das war doch sehr anders als mein Arbeitsalltag in der ambulanten Praxis.

Welche Herausforderungen mussten Sie meistern und waren diese damit verbunden, dass Sie das Praktikum im europäischen Ausland durchgeführt haben?
Vielmehr eine Bereicherung als eine Herausforderung waren diverse Begriffe, die die Österreicher verwenden. Im Zusammenhang habe ich immer alles verstanden, aber manchmal gab es einzelne Wörter, bei denen ich kurz gestockt habe. Das hat oft zu sehr heiteren Unterhaltungen über die gleiche und doch verschiedene Sprache geführt.

Wie lange vorher haben Sie das Praktikum geplant und welche Dinge mussten organisiert werden?
Ein halbes Jahr vorher hatte ich angefragt. Dann musste ich viel warten, Geduld beweisen und Durchhaltevermögen zeigen. Es gab wechselnd Aussichten und Rückschläge und war im Rückblick sehr kräftezehrend. Die Bürokratie hat für einen sehr zähen Verlauf gesorgt. Die endgültige Zusage bekam ich erst dreieinhalb Wochen, bevor das Praktikum begonnen hat. Und dann brauchte ich noch schnell eine Influenzaimpfung und einen umfassenden Immunitätsnachweis. Nachfolgende Studierende können den jetzt bestehenden Kooperationsvertrag nutzen und müssten es damit einfacher haben.

Was war für Sie hilfreich bei der Bewältigung der Organisation des Praktikums? Durch welche Personen und Institutionen wurden Sie unterstützt und welche Tipps würden Sie Kommilitonen geben, die ebenfalls ein Praktikum im Ausland absolvieren möchte?
Frau Reißig war mir eine sehr große Hilfe. Sie ist für die Auslandskontakte zuständig, d. h. sie war mit der leitenden Logopädin in Graz in Kontakt und konnte viele Dinge aufklären, die im Voraus für Schwierigkeiten gesorgt hatten. Dafür war ich sehr dankbar. Außerdem habe ich vom forum sociale das Stipendium für Auslandspraktika bekommen, was mich sehr gefreut hat. So war es finanziell einfacher, das Praktikum für vier Wochen im Ausland zu absolvieren. Wer Ähnliches vorhat, und noch kein konkretes Ziel hat, kann sich im Praxisreferat informieren, welche internationalen Einrichtungen andere Studierende genutzt haben. Außerdem lohnt es sich, bei langwierigen Verhandlungen mit den Beteiligten wirklich dranzubleiben und immer wieder nachzufragen, damit man vom Verlauf mitbekommt. Und dann kann ich natürlich empfehlen, sich fürs Stipendium zu bewerben. Das ist ein echt gutes Angebot.

Wenn Sie für Ihr durchgeführtes Praktikum ein Motto festlegen sollten, welches wäre das?

Mit Neugier und Wissensdurst den Horizont erweitern, um persönliches Interesse zu vertiefen.

Das Gespräch mit Olivia Wöhrle führte Dörthe Höhle