Schriftgröße A A A

Gespräche im (Un)-Ruhestand

© Maasberg

Prof. Dr. Helga Maasberg ist promovierte Diplom-Sozialwirtin und war von 1972 bis 2004 Professorin für „Soziologie für Soziale Arbeit“ an der K(F)H

Liebe Frau Maasberg, wie hat 1972 eigentlich alles angefangen?
Meine Geschichte mit der KFH begann im Frühjahr 1972. Da trafen sich sieben Frauen und Männer (sechs Sozialwissenschaftler/-innen und eine Theologin), welche der Träger berufen hatte, um den Beginn von zwei sozialen und einem kirchlichen Studiengang zu konzipieren. Ziel war, dass zum Wintersemester 1972/73  ca. 100 Studierende ein ordnungsgemäßes Studium der Sozialarbeit oder Sozialpädagogik oder der Praktischen Theologie beginnen können. Durch das neue Fachhochschulgesetz von 1970 für Rheinland-Pfalz fand die Anhebung von einer Fachschulausbildung in diesem Sektor hin zu einer Fachhochschulausbildung statt. Im Unterschied zu einem universitären Studium waren in diesem neuen Gesetz die Verzahnung von Theorie und Praxis und die Wahl von unterschiedlichen Fächern, je nachdem ob ein Diplom in Sozialarbeit oder in Sozialpädagogik erworben wurde, profilbildend.

Was hat Sie während Ihrer Zeit an der KH Mainz besonders beschäftigt?

Hierzu möchte ich insbesondere folgende drei Punkte nennen:

a) Die Arbeit in den Hochschulgremien (Fachbereichskonferenz, Senat, als Dekanin, in Berufungskommissionen). Von Beginn an ist im Kollegium und in den Fachbereichskonferenzen die Frage nach der Ausgestaltung eines Kerncurriculums eine permanente Fragestellung gewesen. Die Rückbindung an die Praxis, gleichzeitig aber die Notwendigkeit auf zukünftige Entwicklungen hin ausgerichtet zu sein, ohne die spezifischen Grundlagen der einzelnen sozialwissenschaftlichen Disziplinen zu vernachlässigen, waren ein unerschöpfliches Thema. Ich fühlte mich in all diesen Diskussionen und Entwicklungen immer mittendrin, da im Umgang mit diesen Fragestellungen die Soziologie eine wesentliche Bezugswissenschaft darstellt.

b) Die inhaltliche Ausgestaltung als Bezugswissenschaft für Soziale Arbeit
Angebote aus der Soziologie des Lebenslaufs, zur sozialen Ungleichheit, zum abweichenden Verhalten und aus der Organisationssoziologie sowie Fragestellungen zu Sozialen Problemen, zur Berufsethik und zur Sozialen Arbeit als einem Frauenberuf bestimmten das Lehrangebot.

c) Strukturelle und inhaltliche Veränderungen
Soziale Arbeit entwickelte sich in den 30 Jahren meiner Berufstätigkeit zu einer eigenständigen Disziplin und Profession an der K(F)H. Dadurch änderten sich die Gewichtung der sozialwissenschaftlichen Disziplinen und ihre Bedeutung für die verbindlichen Studieninhalte, die berufspraktischen Anteile und auch die Ausrichtung von interdisziplinären Veranstaltungen (z.B. des Fallseminars).

Haben die Inhalte Ihrer Tätigkeit an der KH Mainz jetzt in Ihrem Ruhestand noch eine Relevanz?
Seit vielen Jahren würdigt die Hochschulgesellschaft „forum sociale Mainz e.V.“ herausragende Diplomarbeiten bzw. Bachelor- und Masterarbeiten durch die Verleihung eines Förderpreises. Ich freue mich, immer wieder in die Jury für diese Preisverleihung berufen zu werden. Als ich in diesem Sommer im Rahmen eines privaten Besuchs in Irland war, habe ich am Weltkongress für Soziale Arbeit („World Conference for Social Work, Education and Social Development – Promoting Community and Environmental Sustainability“) in Dublin teilgenommen. In diesem Kontext lese ich erfreut von der Erweiterung des Fachbereichs und der Eröffnung des neuen internationalen Bachelor Studiengangs „Sozialwissenschaften: Migration und Integration“. Die KH wird dadurch attraktiv für ausländische Studierende und anschlussfähig an internationale Entwicklungen.

Welchen Rat würden Sie den heutigen Studierenden gerne mit auf den Weg geben?
Nehmen Sie interessiert die vielfältigen, unterschiedlichen Angebote der KH auf und prüfen Sie während des Studiums, was fachlich und von der Belastbarkeit zu ihnen passt.

 

Das Gespräch mit Prof. Dr. Helga Maasberg führte Prof. Peter Orth