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Alumni at work

Benedikt Geyer studierte von 2009 bis 2014 an der KH Mainz. Er absolvierte sowohl den Bachelorstudiengang Soziale Arbeit als auch den Masterstudiengang Soziale Arbeit - Beratung und Case Management. Heute ist Benedikt Geyer bei pro familia in Mainz im Bereich Sexualpädagogik tätig.

Herr Geyer, was sind Ihre zentralen Aufgaben im Bereich der Sexualpädagogik bei pro familia in Mainz?
Bei dem Wort "Sexualpädagogik" denken viele zunächst an eigene Erinnerungen von schulischem Aufklärungsunterricht oder Familiengesprächen. Der Schulunterricht ist manchmal sehr verengt auf eher biologische Abläufe. Das Themenfeld meiner Arbeit ist allerdings viel breiter angelegt und umfasst weit mehr, als sich zunächst vermuten ließe: die Würdigung von Vielfalt in Körperbildern/-erscheinungen, Geschlechtsidentitäten, Erleben, der Gestaltung von Beziehungen, Orientierungen, Lebensformen und selbstbestimmtem Ausdruck der gelebten Sexualitäten. Aber auch basales Körperwissen, Rollenzuschreibungen, rechtliche oder religiöse Normierungen von Sexualitäten und Kenntnisse über (Schutz-)Gesetze und deren Veränderlichkeit im Laufe der Zeit. Die jüngste Geschichte ist voll davon: Strafbarkeit von Upskirting, Drittes Geschlecht, Ehe für alle, Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe, die Verfolgung von Homosexuellen – hier gibt es oft Änderungen, die erst kürzlich eingetreten sind und das gegen Widerstände.   

Ein Hauptbestandteil meiner Arbeit ist die Gestaltung von Angeboten für Schüler/-innen bzw. Jugendlichen – im Gruppen- wie im Einzelsetting („Jugendsprechstunde“ als Beratungsform). In Fortbildungen, Team-Supervisionen und Vorträgen für Eltern und Erziehungsberechtigten wird das Thema „Körper- und Sexualentwicklung“ je nach Altersspanne aufbereitet und ein Sprechen hierzu ermöglicht. Vom Kindergarten (bspw. Körperwissen/ Erkundungsspiele/Prävention/Kindliche Fragen) über Jugend und Erwachsenenalter bis hin zu Hochbetagten ist es – gerade auch im Pädagogischen – entlang des Lebenslaufs ein beachtenswertes Thema.

Was ist die größte Herausforderung bei Ihrer Tätigkeit?
In der Arbeit mit Jugendlichen in Gruppenkontexten ist es die Herausforderung, innerhalb kürzester Zeit den Versuch zu unternehmen ein Setting zu ermöglichen, welches spürbar ohne Leistungsaspekt, Zwang und Bewertungen funktioniert. Ein Setting was zudem den Einzelnen ermöglicht, ihre individuellen Grenzen wahrzunehmen und zu wahren und gleichzeitig zur Beteiligung einlädt. Ein sehr hoher Anspruch, der nur mit dem Wissen um die Möglichkeit des permanenten Scheiterns einhergehen kann.

Und was ist die schönste Seite Ihres Berufs?    
Genau das! Und die abwechslungsreichen Felder und Settings sowie die Erfahrung jeden Tag Neues erfahren und lernen zu können.

Ihre Studienzeit liegt nun schon einige Jahre zurück und Sie konnten viele Erfahrungen im Berufsleben sammeln. Was verbinden Sie heute noch spontan mit der Katholischen Hochschule Mainz?
Ja, verrückt. Den Master habe ich 2014 an der Katholischen Hochschule abgeschlossen. Dennoch sind Erinnerungen an die Studienzeit noch sehr präsent. Zum einen sind es Sequenzen/Fragmente von Szenen innerhalb des Alltags an der KH: von der Cafeteria und deren Mitarbeitenden, Partys, Verwaltung und „Passierschein A38“ in Zimmer XY, Pausen, Tischkicker-Spielen oder Medienblockwochen. Zum anderen Mitstudierende, die durch ihre sehr prägnante (Eigen-)Art noch häufiger in mein Gedächtnis gerufen werden. Schließlich auch die professoralen Mitglieder – und hier entweder der jeweilige Habitus/Attitüde oder im besten Falle die Kombination mit „Aha-Momenten“ in der Lehre.

Hatten Sie im Laufe des Studiums mal darüber nachgedacht, alles hinzuschmeißen?
Nein. Es waren höchstens äußere Faktoren, die mich beinahe gezwungen hätten.

Wie kann oder sollte die Hochschule – über ein qualifiziertes Studium hinaus – einen erfolgreichen Berufsweg ihrer Absolventen/-innen unterstützen?
Informationen zum Arbeitsmarkt im Sozialsektor vermitteln (hier auch problematische Player benennen oder auf Fallstricke hinweisen), Hinweise zu gewerkschaftlichen Zusammenschlüssen geben, in Gehaltsstrukturen und Tarif- oder Hausverträge einführen und Kenntnisse zum Arbeitsrecht geben: zum Beispiel dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz in Widerspruch zum Arbeitsrecht der Kirchen und Praxen der Diskriminierung auf Grund von Orientierung, Lebensentwürfen oder Kirchenzugehörigkeit.

Und zum Abschluss des Gesprächs noch eine Frage: Welchen Rat würden Sie den heutigen Studierenden mit auf den Weg geben?
Nicht allzu viel auf den Rat von anderen zu geben. Dem eigenen Gespür trauen lernen und Selbstsorge (schon im Studium) ernst zu nehmen und sich selbst erlauben gegebenenfalls nach Unterstützung zu fragen.

Das Interview mit Benedikt Geyer führte Frederike Luther- Praxisreferat Soziale Arbeit.