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Komödiantische Seifenoper ohne Pointe für die Profession Pflege

Statement des Fachbereichs Gesundheit und Pflege zur Serie "Ehrenpflegas" des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Der  Fachbereich Gesundheit und Pflege der Katholischen Hochschule Mainz hat voller Unverständnis die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen der „Ausbildungsoffensive Pflege“ publizierte Mini-Serie „Ehrenpflegas“ wahrgenommen. Offensichtlich haben sich die inhaltlich verantwortlichen Personen nicht oder nur ungenügend mit dem Anspruch und der gesellschaftlichen Bedeutung sowie der Wirksamkeit professioneller Pflege auseinandergesetzt. Im Gegensatz zu dem in der Miniserie vermittelten Bild zeichnet nicht Dümmlichkeit, sondern Kompetenz professionelle Pflege aus. Hochschulische Qualifizierung ist nicht Brillenschlangen vorbehalten, die im Bücherturm verschwinden, sondern eine perfekte Vorbereitung für die gezielte Versorgung von Menschen mit komplexem Pflegebedarf.


Systemrelevant und Menschen helfen

700.000 EUR für die berufliche Pflege! In Zeiten des andauernden politischen Hickhacks um einen Coronabonus für alle Pflegenden wäre dies eine positive Meldung. Leider handelt es sich hierbei um die für die Produktion der 5-teiligen Mini-Serie „Ehrenpflegas“ aufgewendeten Kosten. Eine Serie, mit der das Bundesministerium von Franziska Giffey junge Menschen „unkonventionell und unterhaltsam über den Pflegeberuf und die neue Pflegeausbildung informieren“ will. Dies gelingt nicht! Ganz im Gegenteil wird ein Zerrbild unserer Profession gezeichnet, die wie nachfolgend ersichtlich das derzeit gültige Gesetz über die Pflegeberufe völlig konterkariert.

„Die Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann vermittelt die für die selbstständige, umfassende und prozessorientierte Pflege von Menschen aller Altersstufen in akut und dauerhaft stationären sowie ambulanten Pflegesituationen erforderlichen fachlichen und personalen Kompetenzen einschließlich der zugrunde liegenden methodischen, sozialen, interkulturellen und kommunikativen Kompetenzen und der zugrunde liegenden Lernkompetenzen sowie der Fähigkeit zum Wissenstransfer und zur Selbstreflexion. Lebenslanges Lernen wird dabei als ein Prozess der eigenen beruflichen Biographie verstanden und die fortlaufende persönliche und fachliche Weiterentwicklung als notwendig anerkannt.“ (§ 5 PflBG)

Kennt die Bundesregierung also weder Wortlaut noch Intention ihrer eigenen Gesetzgebung? Das Narrativ der Profession Pflege als Dienst am Menschen aus Berufung liegt zu Recht lange hinter uns. Spätestens die Corona-Pandemie hat die Systemrelevanz und tiefe gesellschaftliche Verankerung von beruflich Pflegenden verdeutlicht, substantielle Veränderungen der systemimmanenten Probleme unserer Berufsgruppe blieben jedoch seitens der Politik bisher aus. Stattdessen präsentiert man uns die „Ehrenpflegas“. Mit Verlaub, wir fühlen uns veräppelt.


Die Disqualifikation der Altenpflege

Seit 2020 gibt es die generalistische Ausbildung zur Pflegefachfrau/zum Pflegefachmann und somit keine Trennung mehr zwischen den drei gleichberechtigten pflegerischen Domänen der Alten- und (Kinder)Gesundheits- und Krankenpflege. Dennoch gibt es, allein schon aufgrund der unterschiedlichen Finanzierung, erhebliche Unterschiede zwischen diesen Settings. Es ist daher nicht zu verstehen, warum eine vermeintlich für das Berufsbild interessierende Werbekampagne zwar die Altenpflege fokussiert, diese aber im Verhältnis negativ konnotiert. Der Schwerpunkt pflegerischen Handelns ist sicher anders als beispielweise in der Akutpflege, jedoch keineswegs weniger anspruchsvoll. Wir verwehren uns entschieden dagegen, unsere in der Altenpflege tätigen Kolleg*innen zu Pflegenden zweiter Klasse zu erklären oder gar jegliche Fachlichkeit in den Hintergrund zu drängen und die subtil mitschwingende Aussage „Pflege kann jede*r, die/der Herz und Hand hat.“ zu stützen. Eine qualitativ hochwertige Versorgung gibt es nur mit entsprechend qualifizierten Pflegefachpersonen, dies belegen diverse anerkannte Studien eindrücklich. Insofern ist in diesem Zuge auch dem Bestreben des Aufwuchses von Pflegehilfspersonen eine klare Absage zu erteilen.


Die Vergessenen

Seit Inkrafttreten des neuen Pflegeberufegesetzes am 01.01.2020 existiert eine primärqualifizierende Pflegeausbildung an Hochschulen, welche ebenso zur unmittelbaren Tätigkeit an zu pflegenden Menschen aller Altersstufen befähigt und gegenüber der beruflichen Pflegeausbildung ein erweitertes Ausbildungsziel verfolgt. Dieser Aspekt findet in der Mini-Serie „Ehrenpflegas“ leider keinen Raum, was wir als Studierende besonders bedauern.


Was wirklich zählt

Es ist aufgrund des demografischen Wandels unstrittig, dass wir einen deutlichen Aufwuchs an professionell Pflegenden benötigen – sowohl quantitativ als auch qualitativ. Dies ist unserer Meinung und persönlichen Erfahrung nach nur durch eine deutliche Verbesserung der individuellen Arbeitsbedingungen sowie mittels einer drastischen Erhöhung der Vergütung zu erreichen. Hierzu liegen bereits entsprechende Konzepte verschiedener Player im Gesundheitswesen vor, welche endlich abschließend fachöffentlich breit diskutiert und dann zeitnah umgesetzt werden müssen. Ein Bewerben von Visionen, deren Grundlagen auch heute noch nicht gelegt sind, führt nicht nur zur Frustration des Nachwuchses beim Kontakt mit der Wirklichkeit, sondern auch weiteren Steigerung der Resignation bereits berufstätiger Pflegender und letztlich zur Berufsflucht.

Die dringend notwendige Transformation unseres Gesundheitswesens braucht seriöse, stringente Sacharbeit und keine Hochglanzkampagnen, die professionell falsche Tatsachen verbreiten. Viele pflegerische Expert*innen stehen hierfür bereit, sie müssen aber gefragt und entscheidend involviert werden.

Prof.in Dr. Andrea Reißig (Dekanin) und Prof.in Dr. Sandra Bensch (Prodekanin), gemeinsam mit den Fachvertreterinnen und Pflegestudierenden des Fachbereichs Gesundheit und Pflege


Über uns

Der Fachbereich Gesundheit und Pflege bietet vier Studiengänge an: den dualen Bachelorstudiengang Gesundheit und Pflege (B.Sc.) sowie konsekutiv die Masterstudiengänge Management in Gesundheit und Pflege (M.A.), Pädagogik in Gesundheit und Pflege (M.A.) sowie Klinische Expertise in Gesundheit und Pflege (M.Sc.).

Alle Studiengänge richten sich an die Auszubildenden und Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung in den Gesundheitsfachberufen Logopädie, Pflege und Physiotherapie. Diese beinhalten sowohl disziplin-spezifische als auch interdisziplinäre Lehr- und Lernangebote. Sie befähigen die Studierenden qualifikationsbezogen zur Übernahme verantwortlicher Aufgaben in den Praxisfeldern des Gesundheitswesens wie der klinischen Versorgung, der Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem Gesundheitsmanagement.

Damit bieten diese Studienangebote sowohl einen Beitrag zur individuellen Weiterentwicklung der Studierenden als auch zur wissenschaftlichen Entwicklung der Gesundheitsfachberufe.

⇒ Fachbereich Gesundheit und Pflege