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Institutsleiter, Weiterbildner und Wissenschaftler

Mit dem Ruf auf die Professur für Erwachsenenbildung hat Dr. Jan Lohl die Leitung des Instituts für Fort- und Weiterbildung an der KH Mainz übernommen. Mehr zur Person und den Arbeitsbereichen des neuen Institutsleiters lesen Sie im Interview mit Dr. Jan Lohl.

© Lohl

Herr Dr. Lohl, zum 01.09.2019 haben Sie den Ruf auf die Professur für Erwachsenenbildung erhalten und damit zugleich die Leitung des Instituts für Fort- und Weiterbildung (ifw) der KH Mainz übernommen. Sie sind somit als Wissenschaftler und Erwachsenen-/Weiterbildner an unserer Hochschule tätig. Wie lassen sich diese beiden „Standbeine“ in ihrer Arbeit als Institutsleiter verbinden?

Es sind ja sogar drei „Standbeine“, Leitung ist ja nochmal ein eigener Bereich und ergibt sich nicht automatisch aus einer wissenschaftlichen Tätigkeit oder der Arbeit als Erwachsenenbildner. Aus meiner Berufsbiographie kenne ich alle drei Bereiche. Ich habe in den vergangenen acht Jahren am Sigmund-Freud-Institut (SFI) als Projektleiter in der Beratungsforschung und in der Rechtsextremismusforschung gearbeitet und war von 2018 an zudem Mitglied des Direktoriums und konnte dort Leitungserfahrungen sammeln.

Parallel zu meiner wissenschaftlichen Tätigkeit habe ich mich zum Supervisor ausbilden lassen und arbeite seit mehreren Jahren praktisch in diesem Feld. Dabei habe ich einen Schwerpunkt auf die Beratung von Leitungskräften im sozialen Bereich und in Bildungseinrichtungen gelegt. Zudem war ich Ausbildungsleiter an einem Beratungsinstitut, dass auf wissenschaftlicher Basis Fortbildungen zu den Themen Führung, Supervision und Coaching auf psychodynamisch-systemischer Grundlage organisiert und durchgeführt hat. Biographisch haben sich die drei Standbeine also immer durchdrungen und wechselseitig ergänzt. In den letzten Jahren ist daher der Wunsch stärker geworden, diese Standbeine mehr zu vereinen und an der Schnittstelle von Wissenschaft und Praxis beruflich tätig zu werden. Mit dem Ruf an die KH ist für mich daher ein  Wunsch in Erfüllung gegangen.

Was die konkrete Verbindung von Erwachsenenbildung und Wissenschaft angeht, kenne ich verschiedene Ansätze, die ich am ifw auch weiter umsetzen möchte. Basis jeder Weiterbildung sollte eine konzeptuell-theoretische Fundierung sein, dass ist die Minimalanforderung an wissenschaftliche Weiterbildung. Was die Bereiche Beratung und Führung/Management angeht, die ich mitbringe, finde ich es wichtig, die vorliegende Wirkungsforschung und die Studien zu Wirkfaktoren in der Beratung heranzuziehen. Nach außen lässt sich dann deutlich vermitteln, dass die Ansätze und Methoden, die am ifw angeboten werden, nachweislich wirksam sind. Das ist mir wichtig. Ideal finde ich zudem, wenn Fort- und Weiterbildung aus Forschungsprojekten heraus entwickelt und zielgruppenspezifisch angeboten werden. Ich kenne das aus dem SFI von Projekten zu Kommunikationsprozessen an Schulen, aus der Forschung zu den Gelingensbedingungen der Geflüchtetenhilfe oder aus meiner Studie zur Entwicklung der Supervision. Ein eigenes Forschungsprojekt in eine Fort- oder Weiterbildung zu überführen, gibt ein ganz anderes Standing und ist eine sinnstiftende Möglichkeit Forschungsergebnisse für die und in der Praxis wirksam werden zu lassen. Hier freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen aus allen drei Fachbereichen.

Worin liegen für Sie die besonderen Herausforderungen ihrer Tätigkeit als Leiter des Instituts für Fort- und Weiterbildung der KH Mainz?

Na ja, erstmal bin ich dankbar, dass ich ein so tolles Institut leiten darf, das ein klar konturiertes Profil hat, mit dem es sich erfolgreich auf dem Fortbildungsmarkt positioniert – sowohl ökonomisch als auch hinsichtlich der Teilnehmer*innenzufriedenheit. Als herausfordernd erlebe ich daher manchmal das Verhältnis von Kontinuität und Wandel, das heißt die Frage, wie sich das Profil des Institutes bei gleichzeitiger Veränderung des Angebotes am Besten fortführen lässt. Als Leiter möchte ich ja auch meine eigene „Duftmarke“ setzen, kann und will aber nicht alles verändern! Ich bin da ganz zuversichtlich und habe Spaß an der Konzeptentwicklung!

Mich beschäftigen zur Zeit Fragen danach, wie sich etwa psychoanalytische und systemische Ansätze in Beratung und Supervision weiter verbinden lassen. Oder wie eine analytische Haltung die Kommunikation und die Beziehungsgestaltung zwischen Sozialarbeiter*innen und Klient*innen, zwischen Pflegekräften oder Professionelle aus den Therapieberufen und ihren Patienten verbessern kann. Oder wie gelingt eine gute Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams z.B. zwischen Hebammen, Pflegekräften und Ärtzt*innen. Und was heißt dabei gute Führung? Und wie gehen Leitungskräfte mit ihrer spezifischen Belastung um? Diese Fragen brennen mir unter den Nägeln! Und wenn ich unseren Teilnehmer*innen zuhöre, kann ich nur sagen: Denen auch!

Zudem ist der Fortbildungsmarkt durch die vielen Anbieter, die in den vergangenen Jahren dazu gekommen sind, enger geworden. Für das Institut heißt das nicht nur danach zu fragen, wodurch es sich unterscheidet und was das spezifische Profil ist, sondern auch zu überlegen, wo und mit wem kann man zusammenarbeitet – gerade auch unter den katholischen Weiterbildungseinrichtungen. Lässt sich zum Beispiel eine Supervisionsausbildung kooperativ auf die Beine stellen?

Mit Blick auf die Zukunft: was sind Ihrer Ansicht nach zentrale Zukunftsthemen und Entwicklungsaufgaben der wissenschaftlichen Weiterbildung an der KH Mainz?
Eine Entwicklungsaufgabe ist sicherlich, einen Weiterbildungsstudiengang zu entwickeln und vom ifw aus anbieten. Auch das kann ich natürlich nicht alleine stemmen, muss ich aber auch nicht! Erste Ideen und Überlegungen zusammen mit Kolleg*innen gibt es bereits, was mir viel Freude machen. Neue Veranstaltungsformen könnten aber auch zum Beispiel ein Barcamp zum Thema Führung in Sozialunternehmen sein oder eine Großgruppenkonferenz nach dem Tavistockmodel, in der die Funktionsweise von Organisationen psychodynamisch und affektiv erfahr- und reflektierbar gemacht wird – das wäre auch etwas Neues.

Die zentralen Themen sind gesellschaftlich vorgegeben, daran entzünden sich dann die Praxisbedarfe, die wir mit unseren Fort- und Weiterbildungen aufgreifen. Da ließen sich viele nennen, da wir in einer Zeit beschleunigten sozialen Wandels leben, der nicht nur neue Anforderungen mit sich bringt (etwa Digitalisierung, neue Medien), sondern auch tiefgreifend in soziale Beziehungen und Sozialisationsprozesse eingreift, neue soziale Leiden und Ungleichheiten produziert, die auch in Ängste, Hilflosigkeit, Ohnmacht, psychische Beeinträchtigungen oder Gewalt umschlagen können. Flucht und Migration werden weiterhin ein zentrales Arbeitsfeld bleiben, ebenso wie der Umgang mit dem politischen Rechtsruck, der sich ja auch in Ämtern und Behörden niederschlägt. Zudem wandelt sich die Arbeitswelt nach wie vor rasant, was die Frage nach Formen der Zusammenarbeit, guter Leitung oder dem Arbeiten und Leben in Organisationen aufwirft.

Das heißt, es wird einerseits um ähnliche Themen gehen, wie wir sie jetzt schon im Programm haben - etwa Beratungsmethoden, die Entwicklung von Haltungen oder der Erhalt der professionellen Beziehungsfähigkeit. Fragen guter Arbeit oder die Themen Migration, Integration und Diskriminierung werden bedeutsamer werden. Wichtiger wird es vermutlich auch, klientenspezifische Angebote zu konzipieren – z.B. für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, mit Eltern oder Paaren. Auch das Thema Geschlechterverhältnisse finde ich zentral und halte Fortbildungen etwa zum Thema „Psychosoziale Beratung und Gender“, zu sozialer Arbeit mit Mädchen oder in Frauenhäusern für geboten.

Wenn der Arbeitstag an der Hochschule beendet ist, womit verbringen Sie am liebsten Ihre Freizeit?
Mit meiner Familie! Gerne mache ich mir auch im Garten die Hände schmutzig, das ist eine gute Abwechslung und ein schöner Ausgleich. Oder ich spiele Saxophon, höre Musik und bin mit unserem Hund im Wald unterwegs. Mir wird so schnell nicht langweilig! Ich habe ein erfülltes Leben und das nun die Professur und die Institutsleitung dazu gekommen ist, trägt dazu bei!

⇒ Institut für Fort- und Weiterbildung (ifw)

⇒ Profilseite Dr. Jan Lohl