Seit einigen Jahrzehnten, und verstärkt durch die Flüchtlingsbewegungen seit etwa 2014, wird in Deutschland die Frage diskutiert, wie Integration ‚funktionieren‘ kann. Von Gesellschaft, Politik und auch Wissenschaft wird dabei Sport eine erhebliche Integrationskraft zugeschrieben. Dem zugrunde liegt die Annahme, dass ein gemeinsames Interesse am Sport und eine vor allem körperliche Praxis Integration leichter macht. So wird Sport immer wieder quasi als Selbstläufer für integrative Prozesse angesehen.
Warum wird diese Position oft kompromisslos gehalten und welche Vorstellungen von ‚Integration‘ liegen ihr zugrunde? Welche Funktionen werden ihr zugesprochen?
Das Ziel des Vorhabens besteht darin, die oben erwähnten und überwiegend normativ geleiteten Prämissen einer differenzierteren theoretischen Reflexion und empirisch basierten Überprüfung zu unterziehen. Dazu werden die Projektbeteiligten verschiedene Programme und Events genauer analysieren. Was wird in der Praxis unter ‚Integration‘ verstanden? Und zwar in einem Kontext, dem zugeschrieben wird, dass Integration gar keine regelrechte Aufgabenstellung darstellt, weil Sport ja vermeintlich ‚automatisch integriert‘? Welche Übereinstimmungen sowie Differenzen zeigen sich dann im Vergleich von ‚integrierenden‘ Vereinsmitgliedern und ‚sich integrierenden‘ Flüchtlingen bzw. Migrantinnen und Migranten? Welche Probleme ergeben sich durch solche Argumentationsmuster generell aus dem Risiko des »Unsichtbarwerdens« zentraler gesellschaftlicher Diskurse über Differenz, Konflikt, Macht und Gesellschaft?
Das Vorhaben dient der Vorbereitung eines umfassenderen Forschungsantrages.
Die Projektbeteiligten streben eine Ergänzung bisheriger, primär quantitativ ausgerichteter Studien im Feld ‚Migration/Integration und Sport‘ an, die aus der Perspektive interpretativer Forschung für dringend erforderlich gehalten wird. Auf diese Weise wird ein Verständnis für Motivationen verschiedener Akteure über ethnographische Methoden entwickelt und etabliert. Im Vordergrund steht dabei die Analyse von Handlungspraxis im Rahmen alltagskultureller Kontexte aus einer Perspektive sozialwissenschaftlicher Hermeneutik.
Die methodischen Hauptinstrumente sind das ethnographische Interview, Gruppendiskussion und teilnehmende Beobachtung. Die Ergebnisse werden perspektivisch auf die Theoriebildung und Konzeptentwicklung wirken.