Das Projekt narraktiv – narrative Kompetenzen aktivieren bei Aphasie, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurde, wurde von Juli 2011 bis Oktober 2014 unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Sabine Corsten an der Katholischen Hochschule Mainz durchgeführt. Ziel war die Entwicklung und Evaluation einer biographisch-narrativen Intervention zur Steigerung der Lebensqualität bei neurologischen Sprachstörungen, Aphasie. Gerade Menschen mit Aphasie erleben einhergehend mit Einbußen im sozial-kommunikativen Bereich und einem veränderten Identitätsgefühl eine stark verminderte Lebensqualität.
Um das Rehabilitationsziel einer verbesserten Lebensqualität explizit in der Sprachtherapie angehen zu können, wurde in dem Projekt auf der Basis sozialwissenschaftlicher Theorien und Methoden ein Ansatz zur Erweiterung der konventionellen Sprachtherapie entwickelt. Ausgangspunkt war das Konzept der narrativen Identität, die als essentiell für Lebensqualität gesehen wird. Dies meint, dass mittels narrativer Kompetenzen, welche bei Aphasie eingeschränkt sind, eine Selbstthematisierung im Austausch mit anderen erfolgt, wodurch Identitätsarbeit geschieht. Eine gelingende Identitätsarbeit ist wiederum erforderlich, um kritische Lebensereignisse wie beispielsweise eine chronische Krankheit verarbeiten zu können und psychische Gesundheit zu erhalten. Biographisch-narrative Arbeit kann Identitätsbildungsprozesse unterstützen. Bei Aphasie besteht jedoch die Herausforderung in der Anpassung der sprachbasierten Methode, so dass sie auch bei einer Sprachstörung angewendet werden kann.
In dem Projekt wurde ein modifiziertes, interdisziplinäres biographisch-narratives Vorgehen zur Stimulation von Identitätsarbeit bei Aphasie in Einzel- und Gruppensitzungen angeboten. So wurden beispielsweise erzählgenerierende Visualisierungshilfen eingesetzt. In Zusammenarbeit mit den Caritasverbänden Mainz und Darmstadt und zahlreichen logopädischen Praxen im Rhein-Main-Gebiet konnten 27 TeilnehmerInnen in das Projekt aufgenommen werden, für die signifikante und stabile Verbesserungen in der Lebensqualität erreicht werden konnten. Unter anderem berichten die TeilnehmerInnen von einem gestiegenen Selbstbewusstsein und einem zunehmenden Autonomiegefühl. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass sich die TeilnehmerInnen über das Projektende hinaus in regelmäßigen Abständen in einer nun überwiegend eigenverantwortlich organisierten Kommunikationsgruppe treffen.