Zu sehen ist der Haupteingang der Katholischen Hochschule Mainz. Das Gebäude ist rot. Im Vordergrund steht ein blühender Kirschbaum.

Studieren, forschen, verändern

Portrait Selina Frühwald, Studierende im Master Pflegemanagement
© KH Mainz

Studium

Das Forschungsprojekt von Selina Frühwald und ihrer Projektgruppe zeigt, wie im Master-Studium wissenschaftlicher Transfer in die Praxis gelingen kann.

Selina Frühwald studiert im dritten Master-Semester „Management in Gesundheit und Pflege“. Sie ist gelernte Gesundheits- Krankenpflegerin und hat auch schon ihren Bachelor an der KH Mainz absolviert. Beim Interdisziplinären Symposium der Gesundheitsfachberufe stellte sie Anfang des Jahres gemeinsam mit Celina Correc, Martin Bulla und Jonas Schaper eine Forschungsarbeit zum Thema „Selbstbestimmtes Sterben – Welche Faktoren beeinflussen die Einstellung zu assistiertem Suizid?“ vor. Die Arbeit ist Teil des Master-Moduls MAGP 2, das über zwei Semester läuft. Wir wollten wissen: Wie geht man so ein großes Projekt strukturiert an? 

Phase 1: Forschungsthema und Forschungsproblem

„In einem Forschungsprojekt durchläuft man immer verschiedene Phasen“, erklärt Selina. Am Anfang stehe natürlich die Themenfindung. „Über einen Podcast sind wir auf das Thema assistierter Suizid aufmerksam geworden, das uns natürlich auch in der Pflege immer wieder begegnet.“ So gebe es bei der Arbeit in der Klinik immer wieder kranke und betagte Menschen, die den Wunsch nach einem selbstbestimmten Tod äußerten: „Aber auch im privaten Umfeld, zum Beispiel, wenn Großeltern alt werden, oder krank sind, kann dieser Wunsch präsent werden.“ Was das kontroverse Thema besonders spannend mache: Im europäischen Ausland gibt es bereits ganz andere Möglichkeiten zum assistierten Suizid als in Deutschland. Die Gruppe war sich einig: Hierzu möchten wir forschen! So wurde das Thema in enger Absprache mit Prof.in Dr. Nadine Ungar, die das Projekt betreute, festgezurrt.

Phase 2: Forschungsstand und theoretischer Hintergrund 

Zu Beginn des Projekts ist eine gründliche Recherche zum Thema notwendig: „Hier haben wir in der Gruppe Literatur wie z. B. Forschungsarbeiten gesichtet und geschaut, wo es Forschungslücken gibt und was wir herausfinden wollen – vom Groben ins Spezifische.“ Am Schluss stehe dann die Formulierung der spezifischen Fragestellung. Auch werden Hypothesen, also Vermutungen, aus den Ergebnissen der Recherche gebildet.

Phase 3: Untersuchungsdesign

Sobald die Fragestellung steht, kann die Methodik des Projekts festgelegt werden. Hier wird das genaue Vorgehen definiert, das notwendig ist, um die Forschungsfrage beantworten zu können. Soll beispielsweise quantitativ oder qualitativ geforscht werden? Soll eine Längs- oder Querschnittserhebung erfolgen? Auch die Methode der Datenerhebung wird festgelegt. Selina fasst zusammen: „In unserer Studie sollte die Datenerhebung durch einen vollstandardisierten Online-Fragebogen erfolgen. Zudem haben wir überlegt, welche Teilnehmenden für die Studie gebraucht werden und wie wir diese erreichen können.“ Befragt werden sollte für die Studie die Allgemeinbevölkerung. 

Phase 4: Operationalisierung

Für die Datenerhebung braucht es dann ein Tool, das die Hypothesen überprüfbar macht. Deswegen müssen die Variablen, die erhoben werden sollen, zunächst operationalisiert werden: „Das heißt, sie werden messbar gemacht“, erklärt Selina. Wenn es bereits validierte Fragebögen gibt: „Das ist der Idealfall, dann kann der Fragebogen identisch oder mit leichten Anpassungen verwendet werden.“

Phase 5: Erstellung des Forschungsantrags

Im Sommersemester wurde dann der Forschungsantrag gestellt, in dem das Forschungsvorhaben auf 20 Seiten dargestellt wird.

Phase 6: Datenerhebung

Ist der Fragebogen fertig, geht’s an die Rekrutierung der Teilnehmenden: „Für die Datenerhebungsphase haben wir zwei Monate geplant. Wir haben dabei eine Gelegenheitsstichprobe gezogen. Rekrutiert haben wir über unser eigenes soziales Umfeld sowie über Social Media. Um für uns schwerer erreichbare Teilnehmer zu erreichen, beispielsweise ältere Menschen, haben wir zudem das Schneeballprinzip angewandt“, fasst Selina diese Phase zusammen. Am Ende sei eine Stichprobe von um die 240 Teilnehmenden im Alter von 18 bis 83 Jahren zustande gekommen. 

Phase 7: Datenaufbereitung und -auswertung

Dann geht’s ans Eingemachte: „Sich mit statistischer Auswertung zu befassen ist eigentlich so, als würde man eine neue Sprache lernen“, sagt Selina. „Die Theorie aus dem Statistik-Seminar ist das eine, die praktische Anwendung nochmal etwas ganz Anderes. Hier haben wir sehr von der engen Betreuung an unserer kleinen Hochschule profitiert. Mit Frau Ungar konnten wir immer ganz konkret an unseren Datensätzen arbeiten – und wenn man einmal durchgestiegen ist, macht die Arbeit mit den Zahlen richtig Spaß.“ 

Bei der Datenauswertung stellt sich also die spannende Frage: Bestätigen die Hypothesen die Daten? Oder widerlegen sie diese? „Bei uns konnten die Zahlen die Hypothesen bestätigten“, sagt Selina, „Aber auch eine Nichtübereinstimmung ist ein wertvolles Ergebnis“, ergänzt sie. 

Phase 8: Ergebnispräsentation

Sind die Hypothesen überprüft, geht es an den Bericht. „Hier ist ein Abgleich mit dem recherchierten und theoretischen Hintergrund und den Forschungsergebnissen wichtig. Denn so können die Ergebnisse diskutiert und in den Gesamtkontext eingeordnet werden. Erst dieser Schritt macht eine Interpretation der Ergebnisse möglich. Hieraus können ein Fazit abgeleitet sowie ein Ausblick erstellt werden: Wo können neue Projekte ggf. nochmal ansetzen und welche Fragestellungen können für die Zukunft weiter interessant sein?“ fasst Selina zusammen.

Und natürlich gehörte in diese Phase dann auch die Aufbereitung der Ergebnisse für das Symposium. „Die Veranstaltung war für uns eine tolle Möglichkeit, die Ergebnisse zu präsentieren. Wir hatten das Gefühl, dass unsere Arbeit gesehen wird und wir damit einen direkten Impuls für die Praxis setzen können“, freut sich Selina. Denn der Transfer sei in den Gesundheitsfachberufen besonders wichtig: „In der Praxis fehlt im Arbeitsalltag einfach die Zeit, diese Themen zu bearbeiten“, sagt Selina. „Daher wird auch hier deutlich, wie wichtig die Akademisierung in den Gesundheitsfachberufen ist. Mit einem wissenschaftlichen Background kann man Fragestellungen klären und ein Thema mit wissenschaftlichen Methoden bearbeiten, sodass daraus ein direkter Nutzen für alle in der Praxis entsteht. Durch mein Studium habe ich eine ganz andere Grundhaltung zu meinem Beruf entwickelt. Hier habe ich gelernt, bei Themen am Ball zu bleiben und bekomme die richtigen Tools an die Hand, um zum Beispiel professionell in Führungspositionen zu gehen oder in der Forschung Wissenslücken aus der Praxis schließen zu können.“ 

Nur so könne Fortschritt in den Gesundheitsfachberufen nachhaltig erreicht werden. Selina zieht ein Fazit: „Es war ein sehr forderndes und zeitintensives Modul – aber wir konnten gemeinsam im Kurs Forschung intensiv kennenlernen und viel erreichen.“

Und wie geht es jetzt für Selina weiter? „Bald steht schon die Themenfindung für meine Masterarbeit an“, lacht sie. Hier möchte sie sich aber noch nicht festlegen. „Politische Themen interessierten mich sehr. Wahrscheinlich werde ich in diese Richtung gehen.“

Gesundheit und Pflege studieren

Wer bereits eine Ausbildung in Pflege, Logopädie oder Physiotherapie absolviert hat, kann sich bis zum 15. Juli für einen Quereinstieg in den Bachelor-Studiengang Gesundheit und Pflege bewerben. 

Die Bewerbungsphase für unsere Master-Studiengänge im Fachbereich Gesundheit und Pflege startet immer am 1. November.