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OPEN - Interkulturelle Öffnung in der Pflegeberatung

Modellprojekt zur Implementierung Case Management-basierter Konzepte
interkultureller Beratung und Unterstützung in Pflegestützpunkten 
 

Hintergrund

Zur Pflegebedürftigkeit älterer, nach Deutschland zugewanderter Menschen sind bislang kaum gesicherte quantitative Daten verfügbar. Weder die amtliche Pflegestatistik des Statistischen Bundesamtes nach § 109 SGB XI erfasst diese, noch der für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit zuständige MDK. Gleichwohl wird davon ausgegangen, dass der Anteil der Zugewanderten an der Gesamtzahl der Pflegebedürftigen in Deutschland ungefähr dem Anteil der Zugewanderten an der Gesamtbevölkerung über 65 Jahren entspricht. In Zukunft wird dieser Anteil jedoch überproportional steigen, da die Bevölkerung mit Migrationshintergrund derzeit noch eine deutlich jüngere Altersstruktur als die Bevölkerung ohne einen solchen Hintergrund hat.
Der weitaus größte Anteil dieser Menschen nimmt bislang ausschließlich Pflegegeldleistungen in Anspruch. Dem ausgeprägten Wunsch, innerhalb der Familie gepflegt zu werden, wie er sich in mehreren Studien manifestiert, steht eine überdurchschnittlich hohe Pflegebereitschaft der Angehörigen, insbesondere der Frauen, gegenüber. Die im Vergleich zur Bevölkerung ohne Migrationshintergrund unterdurchschnittliche Nutzung von ambulanten Pflegediensten und anderen Angeboten des öffentlichen Gesundheitswesens hat mehrere Ursachen: fehlende Sprachkenntnisse sowie kulturelle und familiäre Barrieren, unzureichende Information über Versicherungsansprüche, Finanzierungsfragen und das Versorgungsangebot sowie geringeres Vertrauen gegenüber öffentlichen Einrichtungen seitens der Zugewanderten, aber auch ein größeres Schamgefühl sowie ein kulturell unterschiedliches Krankheitsverständnis. Analog dazu werden auf der Angebotsseite mangelnde Informationsmöglichkeiten über die Vielzahl von Verordnungen und Regelungen zur pflegerischen Versorgung sowie nicht mit den kulturellen und sozialen Wertvorstellungen, Lebensstilen und Bedürfnissen der verschiedenen Gruppen von Zugewanderten übereinstimmende ethnozentrische Leistungskonturierungen und oft fehlende interkulturelle Kompetenz des Personals bemängelt.

Zielsetzung

Im Projekt zur interkulturellen Öffnung der Pflegeberatung (OPEN) des Forschungsverbundes der Hochschule RheinMain Wiesbaden, der Frankfurt University of Applied Sciences und der Katholischen Hochschule Mainz (KH Mainz), geht es nicht allein darum, forschungsbasiert älteren Menschen mit Migrationshintergrund, die bisher von der Beratung zur Pflegeversicherung kaum erreicht wurden, Zugänge zu dieser zu eröffnen. Vielmehr sollen gemeinsam mit ausgewählten Pflegestützpunkten verallgemeinerbare Beratungs- und Case Management-Ansätze entwickelt werden, die den differenzierten Lebenslagen und Lebensweisen dieser Zielgruppe gerecht werden und im Hinblick darauf informelle und institutionalisierte professionelle Sorgearrangements miteinander verknüpfen.
Ziel ist die Vermeidung sozialer Isolation bei Pflegebedürftigkeit und zugleich eine Stärkung und Unterstützung der Angehörigen und des ehrenamtlichen Engagements vor allem bei der Versor-gung Alterserkrankter und zur Entlastung der pflegenden Angehörigen.

Methoden

Bedarfen und Formen kultursensibler, inter- oder transkultureller Pflege, wie sie der Praxisforschungsverbund als Ergebnisse anvisiert, sind insgesamt in der Bundesrepublik äußerst rar. Innovativ am Lösungsansatz des hier beantragten Praxisforschungsprojektes ist die Form, in der diese Bedarfe partizipativ ermittelt und umgesetzt werden. Im Vordergrund des Vorhabens steht die Entwicklung und Erprobung von Konzepten, Modellen und Methoden auf der Basis des Case Managements zur Vernetzung und Unterstützung von Pflegekräften, die im familiären Kontext arbeiten, um so eine ethisch und ökonomisch verantwortbare, sektorenübergreifende und vernetzte Gesundheits- und Pflegeversorgung zu gewährleisten. Die praxisbegleitende Untersuchung der mit den Praxis-Partnern entwickelten neuen Ansätze wird dabei als wissenschaftlich gestützte Supervision angelegt, die die beteiligten Professionellen aus den Pflegestützpunkten mit einbindet. Zugleich werden die Ergebnisse im Projektverlauf in Qualifizierungsmodule der Fort- und Weiterbildung umgesetzt.
  

Auf einen Blick


ProjektleitungProf. Dr. Peter Löcherbach / Prof. Dr. Thomas Hermsen
KooperationspartnerProf. Dr. habil. Michael May, Hochschule
RheinMain Wiesbaden
Prof. Dr. Ulrike Schulze, Frankfurt University of
Applied Sciences
FinanzierungBundesministerium für Bildung und Forschung
Laufzeit2014 - 2017
Publikationen

Bruck, E. / Hermsen, T. / Wirz, J.: Interkulturelle Öffnung in der Pflegeberatung. Modellprojekt zu Case Management und interkultureller Beratung in Pflegestützpunkten. Case Management 1/2017, 31-36. Zum Artikel

Löcherbach, P. / Mennemann, H. 2012: „Baustelle“ Pflegestützpunkte – NRW und RLP im Vergleich. Case Management 1/2012, 13-18.

Weitere Infos
http://www.projekt-open.de/