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Neuanfang geschafft

Mohamad Alsaadi hat nach seiner Flucht aus Syrien den Neuanfang geschafft und studiert inzwischen an der KH Mainz Soziale Arbeit. Unterstützt wurde er dabei von den Mitarbeiterinnen des Welcome-Projekts der Hochschule.

Mohamad Alsaadi hat nach seiner Flucht den Neuanfang geschafft und studiert inzwischen im vierten Semester Soziale Arbeit. Unterstützt wurde er dabei von den Mitarbeiterinnen des Welcome-Projekts der KH Mainz, Lucie Haug (links) und Hannah Bombeck. (© KH Mainz)

„Soziale Arbeit ist sehr vielfältig, weshalb das Studium nicht einfach ist, aber total interessant“, erzählt Mohamad Alsaadi, der inzwischen im vierten Semester Soziale Arbeit an der KH Mainz studiert. Vor fünf Jahren flüchtete der 30-jährige aus Syrien, wo er englische Literatur und Management studiert hatte. Der Entschluss in Deutschland noch einmal ein völlig neues Studium im sozialen Bereich zu absolvieren, sei durch sein Engagement in der Flüchtlingsarbeit gereift. „In Deutschland unterstütze ich seit 2016 Amnesty International und die Diakonie als ehrenamtlicher Dolmetscher. Die Leute in meinem Umfeld haben mich auf das Studium der Sozialen Arbeit aufmerksam gemacht und mich ermutigt. Sie meinten, das könnte gut zu mir passen“, berichtet Mohamad. Bei seinen Recherchen sei er dann auf das Welcome-Projekt der KH Mainz gestoßen – und das habe einfach gepasst.

Mit dem Welcome-Programm fördert der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) studentische Mitarbeiter*innen, die Geflüchtete bei der Aufnahme eines Studiums und der Integration in die Hochschullandschaft unterstützen. Seit 2016 konnten über das Welcome-Projekt an der KH Mainz verschieden Angebote etabliert werden, die es geflüchteten Menschen ermöglichen, an eine akademische Ausbildung anzuknüpfen. Hannah Bombeck und Lucie Haug arbeiten seit 2018 im Welcome-Projekt. Hannah studiert Sozialwissenschaften - Migration und Integration an der KH Mainz, Lucie schreibt gerade an ihrer Bachelorarbeit im Bereich Soziale Arbeit mit einem Schwerpunkt auf den Themen Migration und Integration.

Die beiden Studentinnen waren auch für Mohamad Alsaadi wichtige Ansprechpartnerinnen zu Fragen rund ums Studium. „Hannah und Lucie haben mich zum Beispiel beim Papierkram unterstützt und mir beim Anerkennungsverfahren meiner Zeugnisse geholfen“, erzählt Mohamad. Es sei jedoch auch wesentlich, selbst aktiv zu sein, ergänzt er. Mehrere Sprachkurse hat Mohamad besucht und über ein Jahr lang als Gasthörer in das Studium an der KH Mainz reingeschnuppert.

„Es gibt starke Unterschiede zwischen den Bildungssystemen in Syrien und Deutschland. Zum Beispiel sind Hausarbeiten und Präsentationen hier viel wichtiger, das gibt es in Syrien so nicht. Und ohne gute Deutschkenntnisse ist es sehr schwierig, da mitzukommen“, schildert Mohamad. Aktuell nimmt er an einem Sprachkurs teil, der einen Fokus auf wissenschaftliches Vokabular und das Bearbeiten wissenschaftlicher Texte legt. Diesen Kurs bietet die KH Mainz in Kooperation mit der Wilhelm Emmanuel von Ketteler-Stiftung an, um geflüchtete Studierende zu unterstützen. Entwickelt und umgesetzt wurde das Angebot ebenfalls innerhalb des Welcome-Projektes.

Aus ihren Erfahrungen in der Flüchtlingsarbeit wissen Hannah Bombeck und Lucie Haug, wie schwierig es oftmals für geflüchtete Menschen ist, im Bildungssystem Fuß zu fassen. „Bildung ist so ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Integration. Die Möglichkeit durch die Mitarbeit im Projekt Menschen konkret zu unterstützen und dazu beizutragen, dass dieser Schritt gelingen kann, hat mich sehr motiviert“, berichtet Lucie. Zudem sei es eine Arbeit auf Augenhöhe, die selbst wertvolle Begegnungen ermögliche, ergänzt Hannah. „Ich habe höchsten Respekt vor allen, die wie Mohamad nochmal von vorne anfangen. Denn es ist wirklich erschreckend, wie langwierig und schwierig allein das Anerkennungsverfahren für die Hochschulzugangsberechtigung ist. Ganz ehrlich, ich wüsste nicht, ob ich das Durchhaltevermögen hätte“, schildert Hannah.

Aktuell sind drei Studierende mit Fluchthintergrund regulär an der KH Mainz für ein Studium eingeschrieben. Zwei Studierende haben ein Masterstudium bereits abgeschlossen und zwei Gasthörerinnen werden eventuell ab Oktober ein reguläres Studium aufnehmen. „Die Pandemiesituation hat sich natürlich auch auf das Welcome-Projekt ausgewirkt. Wir können nicht so in den Austausch und Kontakt kommen, wie wir das gerne würden. Trotzdem sind wir natürlich weiterhin für alle Interessenten da und hoffen, dass nach der Pandemie auch die Nachfrage wieder etwas größer wird“, betont Lucie.

Auch für Mohamad Alsaadi spielt sich das Studium aktuell fast ausschließlich von zu Hause ab. Pläne für die kommenden Semester und die Zeit nach dem Studium gibt es jedoch bereits. „Im nächsten Semester beginnt die Praxisphase meines Studiums, die ich bei der Diakonie Frankfurt absolvieren werde. Ich kann mir gut vorstellen, später auch im Themenbereich Migration und Integration zu arbeiten. Nach dem Bachelor würde ich gerne noch einen Master im Bereich Sozialmanagement anschließen“, erzählt Mohamad. Für die Zukunft wünscht er sich noch mehr gesellschaftliche Anerkennung für „seine“ neue Profession. Denn Soziale Arbeit sei nicht nur vielfältig und interessant, sondern erfordere auch ein breites Wissen und persönliche Offenheit für verschiedenste Themen und Situationen.

Weitere Informationen zu den Welcome-Angeboten der KH Mainz sind unter www.kh-mz.de/welcome erhältlich. Hannah Bombeck und Lucie Haug sind unter folgendem Kontakt erreichbar: welcome[at]kh-mz(dot)de