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Der Mensch in seinen Welten

Exkursion der Hebammen im Rahmen des Moduls Multikulturalität und Diversity

Bild: Greening

Zum Abschluss des Moduls Multikulturalität und Diversity besuchten wir am 16.01.2020 das ethnologische Rautenstrauch-Joest Museum in Köln. Das Museum beinhaltet eine vielfältige Sammlung, basierend auf Objekten aus der Sammlung der Familie Rautenstrach-Joest, die seit über 100 Jahren bis heute auf 60.000 Objekte und 100.000 historische Fotografien sowie eine Fachbibliothek mit 40.000 Bänden angewachsen ist. Herz und räumlicher Mittelpunkt des Museums ist ein Reisspeicher der Toraja, einer ethnischen Gruppe aus Sulawesi, Indonesien. Der Reisspeicher steht auch traditionell in der Mitte des Dorfes, hier wird beratschlagt und gefeiert.

Wir wurden durch die interaktive Dauerausstellung “Der Mensch in seinen Welten” geführt. Im Themenkomplex "Die Welt erfassen" stand der Blick Europas auf andere Kulturen im Zentrum, wie er sich z. B. in Reiseberichten, in der Kunst oder in Museen widerspiegelt. Der Themenkomplex "Die Welt gestalten" macht den Besucher vertraut mit verschiedenen Lebensentwürfen. Kulturen sollen verglichen werden, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufzuzeigen.

Die Dauerausstellung begann mit Begrüßungsritualen aus aller Welt. Hier wurde beispielsweise auf die Gemeinsamkeiten von Begrüßungen aufmerksam gemacht, wie dem gegenseitigen versichern in friedlicher Absicht gekommen zu sein. So zum Beispiel dem arabischen “salam-alaikum” – „Frieden sei mit Dir“ und dem in Deutschland üblichen entgegenstrecken der rechten Hand, der Hand, in der man in kriegerischer Auseinandersetzung, die Waffe hält.

Für die studierenden Hebammen gab es weitere Höhepunkte der Ausstellung: Im Bereich “Wohnen” das Amulett in Form einer Schildkröte, welches Kinder der US-amerikanischen Plains bis heute noch besitzen und in dem ein Stück der Nabelschnur des Neugeborenen aufgehoben wird. Diese Schildkröten-Amulette tragen Kinder zum Schutz um den Hals und werden weiterhin mit Weisheit und langem Leben assoziiert. Weiterhin gab es Babytragen aus verschiedenen Kulturen der Welt zu sehen.

Interessante Details aus dem Bereich von Männer- und Frauenwelten: bei den Tuareg gehört der Besitz der ganzen Familie den Frauen. Im osmanischen Reich und auch noch bis heute empfangen die Männer des Hauses ihre männlichen Gäste im Herrenzimmer. Die Frauen waren in diesen Herrenzimmern nicht willkommen. Das Patriarchat reicht sogar bis in die Ernährung der Kinder. So bekommt der männliche Nachwuchs in vielen Kulturen der Welt mehr Proteine als der weibliche. Das hat Folgen: Männer seien daher im Durchschnitt größer als Frauen.

Der Übergang vom Kind zum Erwachsenenalter wird in vielen Gesellschaften rituell gefeiert. Mit der Initiation werden die Jugendlichen zu erwachsenen Menschen. Häufig treten während des Rituals Ahnen-und Geistermasken auf. Eine Vielfalt solcher Masken gab es zu sehen und selbst anzuprobieren.

Auch die Frage, warum Menschen krank werden, treibt uns überall in der Welt um. Erklärungsansätze hierzu sind vielfältig. In Europa stehen seit der Aufklärung naturwissenschaftliche Erkenntnisse hoch im Kurs, in anderen Kulturen wird “Krankheit” oft ganzheitlicher betrachtet. Beispielsweise werden in Sri Lanka Verstöße gegen die traditionelle Weltordnung durch die Verführung von Dämonen mit Krankheiten bestraft.

Kritische Diskurse mit der sich die Ethnologie und die Studierenden beschäftigen, wurden angesprochen: eurozentrierte, koloniale und imperialistische Strukturen machten es uns Europäern möglich die Welt zu bereisen um “primitive” Kulturen zu betrachten und zu „entwickeln“. Rassismus, Diskriminierung von Frauen, Mobbing von “dicken” Menschen - die Mechanismen der Ausübung von Macht und Unterdrückung seien Webmuster, die durch die Kulturen, Jahrhunderte und Themen hindurch scheinen. Auch die Frage, ob das Rautenstrauch-Joest Museum daran denke, Objekte wieder zurückzugeben kam auf, sei jedoch noch nicht abschließend von Museumsseite zu beurteilen, so die Museumspädagogin.

Insgesamt bestach die Ausstellung mit seiner enormen Fülle und ansprechenden museumspädagogischen Ansätzen: interaktiv und multimedial, zum Anfassen, riechen und sehen. Das Lernen mit allen Sinnen stand im Vordergrund. Nach diesem Motto schlossen wir unsere Exkursion ab: mit einer Mahlzeit in einem thailändischen Restaurant um die Ecke des Museums. Lernen von und Austausch mit einer Vielfalt von Kulturen mit allen unseren Sinnen.

Michaela Michel-Schuldt und Monika Greening